Fristlose Kündigung Ohne Grund – Diese Rechte haben Arbeitnehmer - Fachanwalt Arbeitsrecht Berlin (2024)

Eine Kündigung trifft den Arbeitnehmer immer hart. Schließlich fallen Arbeitsplatz und Einkommen weg. Umso schlimmer ist es für ihn, wenn der Arbeitgeber fristlos kündigt und dann nicht einmal einen Grund angibt.

Ob eine fristlose Kündigung ohne Grund wirksam ist und wie Sie sich wehren können, zeigen wir Ihnen in diesem Beitrag.

1. Ist eine fristlose Kündigung ohne Angabe von Gründen wirksam?

Eine fristlose Kündigung beendet Ihr Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Sie verlieren also von einem Tag auf den anderen Ihren Arbeitsplatz. Nur in Ausnahmefällen muss Ihr Arbeitgeber Ihnen eine Auslauffrist gewähren.

Es mag Sie angesichts dieser harten Wirkung zwar überraschen, aber Ihr Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, einen Grund für die fristlose Kündigung anzugeben. Die fristlose Kündigung muss zwar schriftlich erfolgen, sie ist aber auch ohne Begründung wirksam.

Nur weil Ihr Arbeitgeber Ihnen nicht sofort den Grund für die Kündigung mitteilt, bedeutet das also noch nicht, dass die Kündigung rechtswidrig ist. Sie können aber nachträglich die Mitteilung des Kündigungsgrunds verlangen (dazu mehr unter 3.).

2. Heißt das, dass eine fristlose Kündigung ohne Grund möglich ist?

Kurz: Nein, zwar muss Ihr Arbeitgeber keinen Grund angeben, er muss aber einen Grund haben und vor Gericht beweisen können.

Die fristlose Kündigung trifft Sie besonders hart. Eine solche Entlassung ist daher nur ausnahmsweise möglich. Ihr Arbeitgeber braucht immer einen wichtigen Grund, um Ihnen fristlos kündigen zu können (§ 626 Abs. 1 BGB). Die Fortführung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist muss für Ihren Arbeitgeber also unzumutbar sein.

Ein solch wichtiger Grund kann beispielsweise in folgenden Fällen vorliegen:

Das sind jedoch nur beispielhafte Gründe. Ob auch in Ihrem Fall ein wichtiger Grund vorliegt, hängt stark von der konkreten Situation ab.

Beispiel: Arbeitnehmerin A arbeitet schon seit mehreren Jahrzehnten als Kassiererin für ihren Arbeitgeber B. Eines Tages findet A einen Pfandbon und löst ihn für sich selbst ein. B kündigt der A daraufhin fristlos wegen Unterschlagung. Geht das?

Nein, zwar handelt es sich um eine Straftat und A hat das Vertrauen des B missbraucht, da sie aber schon seit sehr langer Zeit für B arbeitet, ist eine fristlose Kündigung nicht möglich.

Sie sehen: Es handelt sich um Fälle mit Ausnahmecharakter. Teilt Ihnen Ihr Arbeitgeber daher auch auf Nachfrage keine Begründung für die fristlose Kündigung mit und fällt Ihnen beim besten Willen kein solch schwerwiegender Grund ein, stehen Ihre Chancen vor Gericht grundsätzlich gut. Sie sollten dann schnellstmöglich einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufsuchen.

3. Wie erfahre ich den Grund für die fristlose Kündigung?

Sie haben das Recht, von Ihrem Arbeitgeber eine Begründung für die fristlose Kündigung zu verlangen (§ 626 Abs. 2 S. 3 BGB). Er muss Ihnen die gewünschte Auskunft dann vollständig und wahrheitsgemäß unverzüglich schriftlich erteilen. Grundsätzlich genügt es bereits, wenn Sie zu erkennen geben, dass Sie den Grund für die fristlose Kündigung wissen müssen.

Kommt der Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach und klagen Sie erfolgslos gegen Ihre Kündigung, steht Ihnen gegebenenfalls Schadensersatz zu.

Beispiel: Arbeitnehmer C wird fristlos gekündigt. Er verlangt daraufhin von seinem Arbeitgeber D, ihm den Grund für die Kündigung mitzuteilen. D kommt dieser Aufforderung nicht nach, sodass C gegen die Kündigung vor Gericht klagt. Arbeitgeber D begründet die Kündigung vor Gericht mit einem Diebstahl des C am Arbeitsplatz. Dies rechtfertigt eine fristlose Kündigung. Die Klage wird daher abgewiesen. Hätte D dem C diesen Grund genannt, hätte C gar nicht erst geklagt. Arbeitnehmer C kann daher von D unter Umständen verlangen, dass er die Prozess- und Anwaltskosten bezahlt.

4. Welche Regeln gelten im Kleinbetrieb und in der Probezeit?

In Kleinbetrieben mit nicht mehr als zehn Arbeitnehmern und in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung („Probezeit“) sind Arbeitnehmer grundsätzlich schlechter vor Kündigungen geschützt als üblich. So kann eine Kündigung mit Kündigungsfrist beispielsweise ohne Kündigungsgrund erfolgen.

Dies gilt aber nicht im Fall der fristlosen Kündigung. Diese setzt stets – auch in Kleinbetrieben und in der Probezeit – einen wichtigen Grund voraus. Denn auch hier soll eine Kündigung grundsätzlich nur mit Kündigungsfrist erfolgen. Dem Arbeitnehmer kann nicht zugemutet werden, ohne Ankündigung seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Wie erwähnt, kann der Arbeitgeber aber meist mit Frist kündigen.

5. Fristlos gekündigt ohne Grund – was tun?

Hat Ihnen Ihr Arbeitgeber fristlos ohne Angabe eines Grundes gekündigt, sollten sie vor allem Ruhe bewahren. Eine fristlose Kündigung hat hohe Anforderungen und ist daher nur ausnahmsweise möglich.

Sie sollten daher folgende Maßnahmen ergreifen, um das Blatt zu Ihren Gunsten zu wenden und Ihren Arbeitsplatz retten zu können:

  • Fordern Sie Ihren Arbeitgeber schriftlich auf, Ihnen die Begründung für die fristlose Kündigung mitzuteilen.

  • Melden Sie sich vorsorglich bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend. Eine verspätete Meldung kann zu einer Sperrzeit führen. Sie sollten sich daher innerhalb von drei Tagen ab Kündigungszugang an die Agentur für Arbeit wenden.

  • Suchen Sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht auf und schildern Sie ihm die Situation. Unter Umständen finden Sie so bereits heraus, warum Ihr Arbeitgeber Ihnen gekündigt haben könnte und ob eine fristlose Kündigung in diesem Fall gerechtfertigt ist.

  • Tipp: Auch bei einer fristlosen Kündigung muss Ihr Arbeitgeber den Betriebsrat anhören. Sie können daher auch hier nachfragen, warum Ihnen gekündigt wurde.

  • Kommt Ihr Arbeitgeber Ihrer Aufforderung nicht nach, lassen Sie Ihren Fachanwalt für Arbeitsrecht ein Schreiben mit Fristsetzung aufsetzen.

  • Hartnäckig bleiben lohnt sich! Denn auch wenn Ihr Arbeitgeber einen wichtigen Grund hat, muss er Ihnen innerhalb von zwei Wochen, nachdem er von diesem Grund erfahren hat, kündigen. Liegt der wichtige Grund schon länger zurück und weigert er sich deswegen, Ihnen eine Begründung zu geben, ist die fristlose Kündigung rechtswidrig.

  • Weigert sich Ihr Arbeitgeber beharrlich, Ihnen den Grund für die Kündigung mitzuteilen oder stellt sich heraus, dass er Ihnen ohne wichtigen Grund gekündigt hat, erheben Sie Kündigungsschutzklage.

  • Selbst wenn Sie Ihren Arbeitsplatz gar nicht behalten oder nicht klagen wollen, lohnt sich der Gang zum Fachanwalt für Arbeitsrecht. Denn unter Umständen können Sie eine Abfindung aushandeln oder sich vor Gericht vergleichen.

  • Teilt Ihnen Ihr Arbeitgeber keinen Grund für die Kündigung mit, können Sie gegebenenfalls entstandene Kosten von Ihm ersetzt verlangen. Das Kostenrisiko ist dann für Sie gering. Auch hierzu berät Sie Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne.

Achtung: Bei Ihrem Vorgehen ist Eile geboten. Denn Sie müssen innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung Klage erheben. Sie sollten daher nicht zu lange auf eine Antwort Ihres Arbeitgebers warten, sondern rasch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufsuchen. Dieser wird sich dann mit Ihrem Arbeitgeber in Verbindung setzen, ein Auge auf relevante Fristen haben und sofern nötig Klage erheben.

6. Kann der Arbeitnehmer ohne Grund fristlos kündigen?

Meist gelten für eine Kündigung seitens des Arbeitgebers höhere Anforderungen als für eine Kündigung durch den Arbeitnehmer. Denn die Kündigungsschutzvorschriften sollen grundsätzlich nicht zulasten des Arbeitnehmers gehen.

Dies gilt jedoch nicht bei einer fristlosen Kündigung. Denn auch Ihr Arbeitgeber muss seinen Betrieb planen und rechnet mit Ihrer Arbeit. Sie müssen sich daher ebenfalls an die gesetzliche Kündigungsfrist halten. Diese ist bei einer Kündigung durch den Arbeitnehmer jedoch meist deutlich kürzer und beträgt grundsätzlich unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses lediglich vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende (§ 622 Abs. 1 BGB).

Wollen Sie das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen, benötigen auch Sie einen wichtigen Grund. In folgenden Fällen kann ein solcher Grund beispielsweise vorliegen:

  • Ihr Arbeitgeber gefährdet Ihre Gesundheit

  • Sie sollen für Ihren Arbeitgeber gesetzeswidrige Handlungen auszuführen, beispielsweise Steuern hinterziehen

  • Sie bekommen Ihr Gehalt nicht oder wiederholt nur verspätet

  • Der Arbeitgeber diskriminiert oder belästigt Sie

Auch hierbei handelt es sich lediglich um Beispiele. Ob Sie zur fristlosen Kündigung berechtigt sind, ist einzelfallabhängig. Sie sollten daher vor der Kündigung einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufsuchen.

Wie beim Arbeitgeber gilt jedoch auch für Sie: Sie brauchen zwar einen Grund, um fristlos zu kündigen, Sie müssen diesen jedoch nicht im Kündigungsschreiben angeben. Seien Sie jedoch darauf gefasst, dass Ihr Arbeitgeber nachfragen wird und Sie ihm dann im besten Fall eine überzeugende Begründung geben können. Denn auch er hat das Recht, den Grund für die fristlose Kündigung zu erfahren.

7. Fazit
  • Ihr Arbeitgeber darf Ihnen nur dann fristlos kündigen, wenn er einen wichtigen Grund hat. Die Schwelle dafür liegt hoch.

  • Er muss diesen Grund aber nicht im Kündigungsschreiben angeben.

  • Auf Nachfrage muss Ihr Arbeitgeber Ihnen die Begründung nennen.

  • Gibt er Ihnen trotz Aufforderung keine Begründung und erheben Sie daher Kündigungsschutzklage, können Sie unter Umständen Schadensersatz verlangen.

  • Auch in Kleinbetrieben und in der Probezeit ist eine fristlose Kündigung nur mit wichtigem Grund möglich.

  • Wollen Sie gegen Ihre Kündigung klagen, haben Sie lediglich drei Wochen Zeit. Sie sollten daher schnellstmöglich einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufsuchen.

  • Möchten Sie selbst das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen, benötigen Sie ebenfalls einen wichtigen Grund. Auch Sie müssen diesen Grund aber nicht sofort im Kündigungsschreiben angeben.

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